Eine Bildungsstrategie für die Zukunft – meine Vorschläge für den Vizekanzler

Damit wir Weltklasse werden können, müssen wir dem Bildungsthema höchste nationale Priorität geben. Jedes Kind hat ein Recht darauf, dass sein Talent maximal genutzt wird. Die notwenigen Mitteln sind in einem der reichsten Länder der Welt vorhanden. Folgende Weichenstellungen sind vorrangig:

1. Die besten Kindergärten und Volksschulen der Welt

Die Bildungs- und Gehirnforscher sind sich einig darüber, dass die Investition in kompetente frühkindliche Pädagogik jene Maßnahme ist, die den maximalen langfristigen Bildungsnutzen bringt. Das Fördern von Neugier und Lernfreude, das Lernen von sozialen Regeln, Konfliktfähigkeit, Sprachkompetenz und vieles mehr lassen sich in den Kindergärten mit einem geringen Aufwand wesentlich positiv beeinflussen. Österreich ist derzeit einziges Land in der EU, das seinen Kinderpädagoginnen eine universitäre Ausbildung verweigert. Kinderpädagoginnen und Volksschullehrerinnen gehörend zu den wichtigsten Berufen für die Zukunft unseres Landes und verlangen nach einer entsprechenden Aufwertung. Wenn wir einen nationalen Konsens darüber erreichen, die besten Kindergärten und Volksschulen zu schaffen, dann hätten wir in zehn Jahren eines der besten Schulsysteme der Welt.

2. Die gleichrangige Förderung von sozialen und kognitiven Kompetenzen

Die Talente der Schüler sollten in Zukunft vom Schuleintritt an regelmäßig systematisch erfasst und ständig weiterentwickelt werden. Die Definition von Talent umfasst gleichberechtigt kognitive, sportliche, künstlerische, emotionale und soziale Begabungen.  Eine deutliche Verbesserung beim  PISA Test,  der primär die kognitiven Begabungen erfasst, ist eine notwendige Pflichtaufgabe. Das erste Land der Welt, das es schafft, die sozialen und kreativen Kompetenzen seiner Schüler genauso gut zu erfassen und zu fördern wie die kognitiven Fähigkeiten, wird in Zukunft ganz vorne mitspielen.

3. Ein modernes Lehrerbild, das im Parlament beschlossen wird

Wir brauchen eine Totalreform des Lehrerdienstrechts, das auch in seiner neuen Form wesentliche Formen des Lernens, wie langfristige Projektarbeiten, Einzelcoaching von Schülern, die Betreuung von autonomen Lerngruppen, e-learning u. v. m. mit seinem strengen Werteinheitensystem gar nicht oder nur mit explodierenden Kosten leisten kann. Das System der Werteinheiten und die Abrechnung nach 50-Minuten Unterrichtstunden müssen ersatzlos abgeschafft werden. Es wird durch ein faires Jahresarbeitszeitmodell ersetzt.  Das bedeutet für die Lehrer nicht mehr klassische Unterrichtsstunden sondern eine Konzentration auf die Qualität des Lernens und auf die Beziehungsarbeit mit den Schülern.

4. Die Schulen erhalten die volle pädagogische Autonomie

Direktoren spielen eine entscheidende Rolle für die Qualität einer Schule. Den politischen Parteien muss daher ihr Einfluss bei der Bestellung von Schuldirektoren entzogen und an Expertenkommissionen abgegeben werden. Der Direktor hat einen wesentlichen Einfluss auf die Anstellung seiner Lehrer und kann völlig ungeeignete kündigen. Er verfügt über ein pädagogisches Budget, das er den Bedürfnissen seiner Schule entsprechend einsetzen kann. Er wird jeweils auf vier Jahre bestellt und an der Erfüllung der Bildungsstandards für seine Schule sowie an der Beurteilung durch die Schulpartner gemessen.

5. Ja zur echten Ganztagesschule

Fast alle guten Schulen auf der Welt sind echte Ganztagsschulen. Das trifft auf die teuersten Privatschulen in Großbritannien und den USA  genauso zu wie auf soziale Brennpunktschulen. Die Vorteile sind eindeutig: Die Zeiteinteilung zwischen klassischem Lehrvortrag, echtem Projektunterricht, Reisen und Exkursionen, selbstbestimmtem Lernen und Erholungs-, Essens- und Reflexionszeiten wird vom Lehrerteam in Absprache mit dem Direktor autonom festgelegt. Dadurch wird individuelles Eingehen auf jeden Schüler strukturell überhaupt erst möglich. Die Hausaufgaben fallen zum Großteil weg und für Schüler, Lehrer   u n d   Eltern endet die Schule im Normalfall um ca. 16.00 bis 17.00.

Fazit: Jede Schulreform von oben, die das Klassenzimmer nicht erreicht, ist sinnlos. Wir werden uns alle beim Thema Schule  in 10, 20 Jahren fragen lassen müssen, ob wir alles getan haben, was wir konnten, damit Österreich auch weiterhin zu den reichsten und sichersten Ländern der Welt gehört.  Die Fakten sind völlig klar.  Es gibt kein Konzeptdefizit. Es gibt ein Handlungsdefizit.

 

 

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