25.06.2019
Vielen Dank für das großartige Echo auf meine Bitte, mir Fragen an die Kandidatinnen und Kandidaten zum Nationalrat zum Thema Bildung zu schicken.
Ich habe die fast 200 unterschiedlichen Fragen in acht Themenbereiche zusammengefasst. Hier können Sie darüber abstimmen, welche Wichtigkeit die acht Themenbereiche aus Ihrer Sicht haben.
https://de.surveymonkey.com/r/AndreasSalcher
Wenn Sie sich genauer dafür interessieren, welche Fragen in den einzelnen Themen konkret gestellt wurden, dann schauen Sie sich bitte die folgende Auflistung an. Ich habe dabei versucht, einerseits ähnliche Frage zusammenzufassen und andererseits die Originalformulierungen möglichst authentisch wiederzugeben.
Mit besten Grüßen
Andreas Salcher
A Pädagogik und Lehrpläne
Wann waren Sie das letzte Mal bei einem Vortrag oder einer Präsentation, wo der Vortragende mit dem Rücken zu Ihnen gesprochen und auf einer Tafel mit Kreide geschrieben hat? Warum muten wir sowas noch immer unseren Kindern zu?
50% der Lehrpläne sind veraltet und nicht an den aktuellen Bedürfnissen der Gesellschaft angepasst. Andere Lehrinhalte fehlen völlig. Werden die Lehrpläne grundlegend überarbeitet, damit Kinder das lernen, was sie später tatsächlich brauchen und wer arbeitet gerade daran?
Warum werden SchülerInnen in der Pflichtschule oft mit schwierigen mathematischen Funktionen gequält, die sie niemals in ihrem weiteren Leben brauchen werden anstatt ihnen praktische Werkzeuge für ihr Leben mitzugeben?
In unserer Zeit der Digitalisierung wird der Mensch zum wesentlichen Erfolgsfaktor. Wie werden Sie dazu beitragen, dass unsere Kinder und Jugendlichen selbstständig denken lernen, damit sie später unsere Zukunft kreativ und innovativ mitgestalten können?
Was werden Sie unternehmen, um in unserem Bildungssystem zusätzlich zur Entwicklung fachlicher Kompetenz (Wissen) unserer SchülerInnen auch deren ethische Kompetenz (Gewissen) zu fördern?“
Die meisten Direktoren an Schulen sowie Evaluationsstudien sagen eindeutig, dass wir Führungsteams brauchen. Die Ein-Personen-Spitze ist sowohl in organisatorischer als auch pädagogischer Hinsicht ein sehr großes Problem. Werden Sie sich für ein Mittelmanagement in unserem Schulsystem einsetzten?
Kann man bei der Mathematik-Matura von Texträtseln wieder auf rechnerische Abläufe umsteigen? Wären Sie immer imstande, zu erraten welche Frage im Text einer Mathematik-Matura Aufgabe versteckt ist?
Gehen Ihre Kinder in eine öffentliche Schule? Wenn ja, dann müsste Ihnen doch auffallen, dass der angebotene Lernstoff teilweise Maria Theresias Zeiten entspricht und nicht der heutigen Anforderung. Nur als Beispiel, wozu muss mein Sohn stricken lernen?
Bei jedem schulischen Anlass wünscht Ö 3 im Morgenwecker den Schülern viel Spaß. Sollte man dabei Spaß nicht auch mit Leistung kombinieren?
In den Schulgesetzen sind neben der Inhaltsvermittlung auch Sozialkompetenz, Ethik und politische Bildung als Zielsetzung formuliert. Was unternimmt die Politik um die Entwicklung zum Wahren, Guten und Schönen unabhängig zur sozialen Herkunft und Bildungsstand der Eltern zu garantieren?
Gerade in Zeiten wie diesen, mit den nie aufhörenden Skandalen, Korruptionen, Zuwandererproblematik, usw. wäre es längst angebracht, schon ab der Unterstufe Ethik verpflichtend einzuführen. Warum führt man den Unterrichtsgegenstand ETHIK nicht für alle verpflichtend ein, anstatt nur für jene, die sich vom Religionsunterricht abmelden?
Bei aller weltanschaulichen Verschiedenheit der Schulen sollte am Ende der Schulzeit doch sichergestellt sein, dass die Schüler mit dem europäischen Wertesystem vertraut sind und Deutsch als Sprache beherrschen. Was ist Ihre Meinung zu diesem Thema?
KREATIVITÄT: Alle sprechen von ihrer Wichtigkeit und Bedeutung für alle Lebensbereiche. Gleichzeitig werden seit Langem immer wieder Kreativfächer gekürzt. Wo und wie wird die Kreativität gefördert, wie werden die Lehrerinnen geschult und in ihrer eigenen Kreativität bestärkt?
Sie Sie für an Handyverbot an Schulen oder zumindest während des Unterrichts. Wenn ja, wie kann dieses Ziel umgesetzt werden?
B Lehrerauswahl, Lehrerfortbildung und Schulleitungen
Welche Voraussetzungen werden Sie schaffen, dass Lehrerinnen und Lehrer Freude daran entwickeln, nicht länger lediglich Frontalvortragende, sondern vor allem Lern- und Entwicklungsbegleiter zu sein?
Wann kommt eine einheitlich universitäre Ausbildung für alle LehrerInnen?
Wann kommt die verpflichtende Fortbildung für alle Lehrer außerhalb der Unterrichtszeit?
Ältere Lehrer haben meist nur gelernt, sich alleine vorzubereiten und alleine zu unterrichten. Wie werden diese Lehrer für Teamarbeit in der Schule geschult?
Die Lehrerausbildung wurde extrem verlängert im Hochschul-und Universitätsbereich. Die Praxis – vor allem im Pflichtschulbereich – kommt viel zu kurz. Der Lehrberuf ist in Finnland angesehen, bei geringerer Bezahlung wie hier. Warum ist das in Österreich ganz anders und wer tut etwas dagegen?
Wie stellen wir sicher, dass der „Lehrkörper“ von Volksschule bis Universität bestmöglich aus- und laufend (international) weitergebildet wird? Wie motivieren wir die besten Köpfe dazu, den Lehrberuf zu wählen?
Wie kann es sein, dass es vielen pädagogischen Quereinsteigern besser gelingt Schülern Lehrstoff erfolgreich zu vermitteln, als klassischen Lehrern, die jahrelang an Pädagogischen Hochschulen ausgebildet wurden?
Wie werden Sie mit dem Dienstrecht und der Ausbildung der Lehrer/innen umgehen (angemessene Entlohnung für hochqualifizierte Lehrer/innen, ausreichendes Lehrpersonal, transparentes System der Postenvergabe statt Parteibuch)?
Warum werden nicht Lehrer bewertet, wenn viele der Schüler ihrer Klassen negativ sind und sie daher laufend Nachhilfe benötigen?
Ein entscheidender Faktor für bessere Schulen sind die Schulleitungen. Gleichzeitig wollen immer weniger Lehrer Schulleitungsfunktionen übernehmen, weil die Rahmenbedingungen katastrophal sind. Was werden Sie tun, um wirklich gute Schulleitungen zu bekommen?
Wo genau wird der Lehrplan für die Ausbildung von KinderpädagogInnen und VolksschullehrerInnnen entwickelt und wer überprüft die Nützlichkeit!? Sind unsere öffentlichen Angebote noch gesellschaftstauglich?
C Die Qualität unseres Schulsystems
In vielen Schulrankings wie PISA liegt Österreich bestenfalls im Mittelfeld. Gibt es eine Taskforce, die daran arbeitet Österreichische Schulen an die Spitze zu führen? Wenn ja, was macht die gerade und wann gibt es Ergebnisse mit einem detaillierten Aktionsplan?
Einige Jahre nach der Matura können viele Menschen nur noch wenig von ihrem Maturawissen abrufen. Warum hält man dieses System noch immer für effizient?
Warum gibt es noch immer – trotz des freien Bildungszugangs seit den 1970er-Jahren, Kinder, die nach der Schulpflicht keinen Lehr- oder Bildungsabschluss erlangen? Warum behindern Einstiegstests auf der anderen Seite studierwillige junge Männer und Frauen an der freien Wahl ihres Studiums an Hochschulen und Universitäten?
Wie werden Sie mit erfolgreichen Konzepten wie sie in Schulen in Finnland oder der Sir Karl Popper Schule angeboten werden, allen Schülern Lernen mit Freude und guten Leistungen ermöglichen?
Wie schaffen wir es, Bildungseinrichtungen unter Nutzung aller nationalen, internationalen Erkenntnisse, Methoden (auch Digitalisierung) generell zu beleben und heben?
Es gibt genug Vorzeigeländer, die vorleben, wie gute Schulsysteme funktionieren könnten. Warum schafft es Österreich nicht auch im Bildungssystem an einem „Strang“ zu ziehen?
Wie stehen Sie zu einem tatsächlichen Ausbau der Autonomie von Schulen bzw. welche Maßnahmen setzen Sie im Bereich der Qualitätskontrolle in Schulen?
Um den output jeder Schule besser steuern zu können, wäre eine unabhängige Instanz notwendig, welche Bildungsverläufe verfolgen kann. Wer könnte diese Aufgabe übernehmen?
Wieso wird ständig „weggeschaut“ bzw. Reformen auf die lange Bank geschoben? Nicht nur viele Eltern, auch so manche Lehrer sind unglücklich, wieso kann man nicht gemeinsam für unsere Kinder einen guten Weg finden? Diverse Studien belegen besorgniserregend bereits ein Versagen bzw. große Mängel unseres Schulsystems. Wie lange möchte man hier noch zuwarten? Wann wird das österreichische Schulsystem endlich reformiert?
Wie stehen Sie zur Aussage, dass die österreichische Bildungspolitik durch die Macht der Interessensvertretungen und Landeshauptleute blockiert wird?
Wann glauben Sie war die letzte Große und einschneidende Schulreform in Österreich? Was hat diese Schulreform bewirkt und welche Probleme sind dadurch entstanden?
Warum wird mit der Neuen Mittelschule, jetzt wieder Mittelschule, nur ein Name geändert aber nicht der schulische Inhalt, reicht es wenn man die erwachsenen Wähler/innen mit leeren Worten blendet?
D Ganztägige Schulen und Nachmittagsbetreuung
Sind sie für die Einführung der echten (verschränkten) Form der Ganztagesschule, wie sie in vielen Ländern bereits Standard ist?
Werden Sie sich dafür einsetzen, dass es in Österreich eine flächendeckende und ganzjährige Betreuung auf hohem Niveau für alle Kleinkinder gibt?
Schulferien: Wie sollen berufstätige Eltern bzw. alleinerziehende Elternteile, die fünf Wochen Urlaub haben, die Betreuung ihrer Kinder während der 13,5 Ferienwochen im Schuljahr sicherstellen?
E Soziale Gerechtigkeit, Begabtenförderung und Noten
Soziale Unterschiede und unterschiedliche Zugänge zu Bildung erzeugen ein heterogenes Bild in den Schulen. Dadurch sind Jahrgangsklassen eine überholte Organisationsform in Schulen. Welche Antworten hat die Politik auf diese Herausforderung?
Warum erhalten begabte SchülerInnen nicht dieselbe Aufmerksamkeit UND Ressourcen wie lernschwächere SchülerInnen?
Was wollen Sie ändern, dass mehr für die speziell- und hoch begabten Kinder in den Schulen getan wird? Auch die geeigneten Lehrer/innen sollten dafür ausgebildet werden.
Wie lange kann es sich Österreich noch leisten, Talente in der Schule nicht zu fördern, sondern sie zu „ignorieren“? Wie wollen Sie dafür sorgen, dass Schule zu Orten des Aufblühens statt des Verblühens werden?
Gibt es Möglichkeiten, dass begabte und hochbegabte Schüler leichter Pflichtschulklassen überspringen können um schneller in spezifische Ausbildungen (HTL, Uni, …) einzusteigen?
Sind Sie dafür, dass Kinder nicht schon mit 10 Jahren getrennt werden und die Gesamtschule für alle 10 bis 14jährigen eingeführt wird?
Jedes Kind hat doch einen eigenen Lernrhythmus, wieso wird dieser überhaupt – so früh – beurteilt? Wieso möchte man „krampfhaft“ den Kindern die Freude am Lernen nehmen?
Bitte weg mit Schulstress, ungerechten Noten, Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Prüfungsangst, Übelkeit, Depressionen, Schulangst, Beschimpfungen, Kränkungen & keine Freizeit! Unser Schulsystem fördert Krankheiten, Schulabbrecher, Unbildung, Hetze, Burnout, Sozialphobien und Arbeitslosigkeit. Wer konkret und mit welchem nachvollziehbaren Argument möchte man das derzeitige Schulsystem noch aufrecht erhalten?
Warum gibt es zwischen den Bundesländern so große Unterschiede in der Begabungs- und Begabtenförderung?
Was muss geschehen, damit exzellente Schulleistungen endlich in der Schule „cool“ bzw. in der Gesellschaft wertgeschätzt werden, so wie z.B. Spitzenleistungen im Sport oder in der Musik?
Sind Sie für eine Trennung der Lehrer, die die Schüler unterrichten und der Bewertung der Leistungen der Schüler durch eine unabhängige Institution nach einheitlichen Standards?
Warum hängt die Ausbildung unserer Kinder immer mehr vom sozialen Hintergrund der Eltern ab (Engagement, Lernen, Unterstützung, …) und immer weniger vom Ausbildungssystem?
Ich bin seit vielen Jahren ehrenamtlich an einer Volksschule in Wien mit hohem Migrantenanteil tätig. Die Lehrkräfte versuchen ihr Bestes aber das soziale Umfeld der Eltern macht das Erreichen der Bildungsziele unmöglich: Viele Schüler kommen ständig zu spät und oft ohne Frühstück zum Unterricht, sprechen zu Hause und in den Ferien nur ihre Landessprache, zu Hause läuft fremdsprachiges Fernsehen, Sport, bildnerische Erziehung oder Musik werden von den Eltern als unnötig betrachtet und die Schüler einfach abgemeldet usw. Wie soll man unter diesen Voraussetzungen zumindest die Mindeststandards erreichen? Die Anforderungen noch mehr reduzieren? Ich würde die Damen und Herren Abgeordneten befragen, ob sie sich überhaupt mit der Situation in den Schulen persönlich und vor Ort überzeugt haben? Nur wenn man selbst ehrlichen und realen Einblick in einer Angelegenheit gefunden hat, kann man urteilen bzw. beurteilen.
F Kindergärten und Elementarpädagogen
Was tun wir, wie schaffen wir es, bundesweit, unabhängig von Landesgesetzgebungen, ganztägige Betreuungseinrichtungen zu schaffen (Organisation, Finanzierungsstruktur, geeignetes Betreuungspersonal, moderne Einrichtungen, Betriebsstätten, Sportangebot etc.), um berufstätigen Eltern die Sicherheit zu geben, dass Ihre Kinder bestmöglich für die Zukunft vorbereitet werden.
Warum muss es für Kindergärten neun verschieden Gesetze und Richtlinien geben?
Werden Sie sich dafür einsetzen, dass Kinderpädagogen und Lehrer besser ausgebildet und bezahlt werden und dafür auch mehr arbeiten müssen?
Wie schaffen wir in den Kindergärten ein besseres Betreuungsverhältnis, denn die Elementarpädagogik ist eine der weiteren großen Stellschrauben?
Wir brauchen sehr gut ausgebildete Elementarpädagogen und keine fast schon unüberschaubare Ersatzausbildungsformen ( päd. Assistentin, päd. Freizeitpädagogen,…), die in der Not von den zuständigen Behörden aus den Hut gezaubert werden! Was wollen Sie tun um den Beruf der Kinderpädagogen attraktiver zu machen, damit diese nicht ausbrennen oder nach kurzer Zeit aussteigen?
Sind Sie dafür, dass Kinderpädagogen endlich eine tertiäre Ausbildung an Pädagogischen Hochschulen erhalten wie die Volksschullehrer?
G Privatschulen und deren Finanzierung
Warum werden private und alternative Schulen wie z. B. Montessori, Waldorf und Steiner mit Öffentlichkeitsrecht diskriminiert, in dem die Lehrergehälter nicht aus Steuermitteln bezahlt werden? Die Eltern dieser Kinder sind doch auch Steuerzahler. Wann werden Privatschulen und Kinderbetreuungseinrichtungen in freier Rechtsträgerschaft finanziell jenen in konfessioneller Rechtsträgerschaft gleichgestellt?
Könnte „Unschooling“ (www.freilerner.at) in Zukunft genauso ein Teil des Bildungssystems sein?
Soll das Prinzip „alles ist gratis“ prinzipiell für das gesamte Schulsystem gelten?
Aus meiner Sicht ist die Erziehung der Kinder ist Sache der Eltern, daher bin ich für eine maximale Wahlfreiheit, die auch finanziell gestaltet ist. Um die Wahlfreiheit und die Auswahl der optimalen Schule den Eltern/Kindern zu ermöglichen müsste ein System mit Bildungs-Vouchern eingeführt werden. Die Voucher sollten in der Höhe ausgestellt sein, die eine öffentliche Schule in der entsprechenden Schulstufe über die eingegangene Voucher finanziert. Die Privatschulen dürfen ebenfalls diese Voucher entgegennehmen und einlösen. Wie stehen Sie zu so einem Voucher-System, das zum Beispiel in den Niederlanden ansatzweise seit vielen Jahren umgesetzt ist?
H Mobbing
Wann kommt verpflichtende MEDIATION an Schulen?
Stichwort Konflikt- und Mobbingprävention, dies auch in interkultureller Hinsicht: Wie sorgen Sie für eine entsprechende Persönlichkeitsbildung für Schüler/innen und Lehrer/innen, die ein gedeihliches und produktives Miteinander in wechselseitiger Wertschätzung sicher stellt?
Sind Sie dafür, dass an jeder Schule der Gegenstand „gewaltfreie Kommunikation“ unterrichtet werden sollte?
Der Umgang mit schwierigen emotionalen Situationen spielt in der Lehrerausbildung nach wie vor eine geringe oder gar keine Rolle. Sollten Lehrer nicht genauso wie Sozialarbeiter ein Recht auf Supervision haben?
Welche Maßnahmen sind aus Ihrer Sicht bei extremem Mobbing gegen Schüler und Lehrer notwendig?