Wer fürchtet sich vor der Schulautonomie?

Bei den grundsätzlichen Zielformulierungen zur Schulautonomie haben sich die Reformer in der Bundesregierung, Bildungsministerin Sonja Hammerschmid und Staatssekretär Harald Mahrer, offenbar durchgesetzt. Das ist als großer Schritt in die richtige Richtung anzuerkennen.

Entscheidend werden jedoch nicht Absichtserklärungen, sondern die konkreten Gesetzestexte sein. Denn dort, wo es um tatsächliche Veränderungen im System geht, klingen die Formulierungen teilweise noch mehrdeutig und die echten Tabus werden oft ausgespart. Es ist wichtig, dass sich Direktoren in Zukunft zumindest neue Lehrer aussuchen können, aber davon, dass sie sich auch von Lehrern trennen können, findet sich im Papier entgegen allen Ankündigungen kein Wort. Die jede Kreativität tötende 50-Minuten-Stunde darf zwar endlich aufgelöst werden, aber nur, wenn die Personalvertretung zustimmt.

An einem Tabu wird in dem Papier dafür mutig gerüttelt: der Abkehr von der verpflichtenden Klassenschülerhöchstzahl. Auch wenn Lehrer-, Eltern- und Schülervertreter noch so heftig protestieren, sind die Fakten eindeutig. Der neuseeländische Bildungsforscher John Hattie hat in der größten weltweiten Bildungsstudie 138 Faktoren für erfolgreiche Schulsysteme ermittelt. Die Reduktion der Klassengröße kommt in der Hattie-Studie erst an 106. Stelle. Auch wissenschaftliche Studien in Österreich widerlegen den Mythos, dass die Reduktion von Klassenschülerhöchstzahlen auf 25 pädagogische Vorteile für die Schüler gebracht hat. Dafür wären Klassen mit maximal zwölf Schülern notwendig.

Die viel bejubelte Senkung der Klassenschülerhöchstzahlen hat dazu geführt, dass wir mittlerweile das zweitteuerste Schulsystem innerhalb der EU haben, die Leistungen aber bestenfalls mittelmäßig sind. Noch immer können 21 Prozent der Schüler nach neun Jahren Pflichtschule nicht sinnerfassend lesen. Es ist vollkommen richtig, den Direktoren in Zukunft mehr Flexibilität zu ermöglichen, indem sie z. B. Projekte mit kleineren Gruppen, dafür aber auch klassenübergreifende Projekte machen können. In dem Papier steht auch eindeutig, dass sich an der Ressourcenzuteilung für die Schulen nichts ändert.

Fazit: Mit der Autonomie in den Schulen ist es wie mit der Demokratie – ein bisschen funktioniert nicht.

Liebe Grüße

Andreas